Wie Hor­mon­schwan­kun­gen das Gehirn beein­flus­sen

Es gibt Frauen, bei denen die Wech­sel­jahre pro­blem­los ver­lau­fen. Aber das ist nicht die Mehr­heit. Stu­dien zufolge lei­den 80 Pro­zent der Frauen unter Hit­ze­wal­lun­gen, 70 Pro­zent unter depres­si­ven Ver­stim­mun­gen, Schlaf­stö­run­gen und Gedächt­nis­pro­ble­men. Diese Sym­ptome blei­ben manch­mal jah­re­lang bestehen, auch wenn die hor­mo­nelle Umstel­lungs­phase vor­bei ist.

Die Wech­sel­jahre bedeu­ten für den Kör­per eine tief­grei­fende Ver­än­de­rung. Zunächst ein­mal ist es der Zeit­punkt, an dem es unmög­lich wird, auf natür­li­chem Wege schwan­ger zu wer­den — dies geschieht in der Regel zwi­schen Anfang 40 und Mitte 50. Man spricht von der „Peri­me­no­pause“, einem Zeit­raum, der einige Jahre vor der letz­ten Regel­blu­tung beginnt und ein Jahr danach endet. In die­ser Phase, die durch­schnitt­lich fünf Jahre dau­ert, sind die Mens­trua­ti­ons­zy­klen unre­gel­mä­ßig und blei­ben manch­mal ganz aus. Danach beginnt die Post­me­no­pause, die nicht nur das Ende der Fort­pflan­zungs­fä­hig­keit mar­kiert, son­dern auch eine Zeit neu­ro­bio­lo­gi­scher Ver­än­de­run­gen ist. Eine Meta­ana­lyse zu die­sem Thema zeigt, dass all diese Sym­ptome eines gemein­sam haben: Sie gehen vom Gehirn aus.

Das weib­li­che Sexu­al­hor­mon Östro­gen spielt bei die­sem natür­li­chen Vor­gang eine Schlüs­sel­rolle. Es wird haupt­säch­lich in den Eier­stö­cken gebil­det und steu­ert zusam­men mit ande­ren Boten­stof­fen den Mens­trua­ti­ons­zy­klus. Außer­dem ist es an ver­schie­de­nen Vor­gän­gen im Gehirn betei­ligt. Östro­gen­re­zep­to­ren fin­den sich in vie­len Hirn­re­gio­nen, zum Bei­spiel im Hip­po­cam­pus, der für Lern- und Gedächt­nis­me­cha­nis­men zustän­dig ist, oder in der Amyg­dala, die für das emo­tio­nale Gedächt­nis ent­schei­dend ist. Beson­ders zahl­reich sind sie im Hypo­tha­la­mus, der unter ande­rem die Kör­per­tem­pe­ra­tur und den Rhyth­mus von Schlaf und Wach­zu­stand regu­liert. Von hier gehen auch die berüch­tig­ten Hit­ze­wal­lun­gen aus.

Das Hor­mon Östro­gen hat einen tief­grei­fen­den Ein­fluss auf die Funk­tion der Ner­ven­zel­len. Ins­be­son­dere spielt es eine Rolle bei der Akti­vi­tät der Mito­chon­drien, der win­zi­gen Kraft­werke der Zel­len. For­scher haben in Expe­ri­men­ten mit weib­li­chen Mäu­sen nach­ge­wie­sen, dass das Hor­mon die Gehirn­zel­len dazu anregt, mehr Zucker­mo­le­küle auf­zu­neh­men und zur Ener­gie­ge­win­nung zu ver­bren­nen. Etwa 20 bis 25 Pro­zent des Glu­ko­se­stoff­wech­sels im Gehirn seien allein auf die­sen Pro­zess zurück­zu­füh­ren. Östro­gen wird daher als Haupt­re­gu­la­tor bezeich­net, der viele Sys­teme des Organs auf kom­plexe Weise beein­flusst.

Was pas­siert wäh­rend der Wech­sel­jahre? Die meis­ten Frauen haben einen unre­gel­mä­ßi­gen Monats­zy­klus. Das bedeu­tet, dass der Östro­gen­spie­gel stark schwankt und lang­fris­tig immer wei­ter sinkt. Das hat Aus­wir­kun­gen auf den Zell­stoff­wech­sel, der sich neu ein­stel­len muss. Vor allem in der Über­gangs­phase kann es zu Eng­päs­sen kom­men. Das Gehirn sen­det dann die Bot­schaft „Ich bin am Ver­hun­gern”. Wenn die Mito­chon­drien nicht mehr genü­gend Zucker auf­neh­men, geht die Ener­gie aus. Um das zu ver­hin­dern, greift das Gehirn auf eine Not­ra­tion zurück: die Keton­kör­per. Bei Zucker­man­gel kann der Kör­per diese Ener­gie­trä­ger aus Fett her­stel­len. Dazu grei­fen die hung­ri­gen Ner­ven­zel­len unter ande­rem auf die weiße Sub­stanz zurück, die sie umgibt und reich an Fet­ten ist. Diese Sub­stanz ist aber für die Ner­ven­zel­len sehr wich­tig: Indem sie eine iso­lie­rende Hülle um sie bil­det, ver­bes­sert sie ihre Fähig­keit, elek­tri­sche Signale an ihre Nach­barn wei­ter­zu­lei­ten. Des­halb ist ihr Ver­zehr so gefähr­lich. Das Gehirn muss die weiße Sub­stanz rege­ne­rie­ren, wenn sie abge­baut wird. Ein Ab- und Wie­der­auf­bau­pro­zess, der viel Ener­gie kos­tet und eine Reihe von Pro­ble­men mit sich bringt.

Beein­flus­sung der grauen und wei­ßen Sub­stanz

Im Jahr 2021 unter­suchte ein For­scher­team um Roberta Brin­ton und Lisa Mosconi von der Cor­nell Uni­ver­sity die Ver­än­de­run­gen im Gehirn wäh­rend die­ses Pro­zes­ses. Dazu unter­such­ten sie 161 Frauen im Alter zwi­schen 40 und 65 Jah­ren. Davon befan­den sich 57 in der Peri­me­no­pause, 74 in der Post­me­no­pause und 30 hat­ten die Wech­sel­jahre noch nicht erreicht. Alle wur­den sowohl bild­ge­ben­den Unter­su­chun­gen als auch psy­cho­lo­gi­schen Tests unter­zo­gen. Die Ergeb­nisse der Hirn­scans zeig­ten, dass sich in der Peri­me­no­pause das Hirn­vo­lu­men ver­rin­gert und sich die Ver­bin­dun­gen zwi­schen den ver­schie­de­nen Hirn­re­gio­nen ver­än­dern. So hatte bei Frauen nach der Meno­pause die graue Sub­stanz (die aus den zen­tra­len Tei­len der Ner­ven­zel­len besteht) im Hip­po­cam­pus, in der Amyg­dala und im Tha­la­mus an Volu­men ver­lo­ren, ebenso wie die oben erwähnte weiße Sub­stanz.

Was wurde noch gemes­sen? Die Exper­ten ana­ly­sier­ten die Ver­än­de­run­gen des Gehirn­stoff­wech­sels. Sie stell­ten fest, dass das Gehirn in der Peri­me­no­pause weni­ger Zucker ver­stoff­wech­selt und auch weni­ger Ener­gie pro­du­ziert, was mit einer Abnahme der geis­ti­gen Leis­tungs­fä­hig­keit ein­her­geht. Im Jahr 2013 haben For­sche­rin­nen um Miriam Weber von der Uni­ver­si­tät Roches­ter in den USA detail­liert beschrie­ben, wie sich dies äußert. Sie unter­zo­gen eine Stich­probe von 117 Frauen mitt­le­ren Alters meh­re­ren psy­cho­lo­gi­schen Tests, die unter ande­rem die Auf­merk­sam­keits- und Gedächt­nis­leis­tung erfass­ten. Von den 117 Teil­neh­me­rin­nen befan­den sich 69 in der Peri­me­no­pause und 14 im ers­ten Jahr nach der Peri­me­no­pause. Die­je­ni­gen, die am schlech­tes­ten abschnit­ten, befan­den sich am Anfang der Peri­me­no­pause und hat­ten ihre letzte Mens­trua­tion vor weni­ger als einem Jahr gehabt. Die kogni­ti­ven Ein­bu­ßen betra­fen vor allem Auf­merk­sam­keit, Moto­rik, Arbeits­ge­dächt­nis und Spra­che.

All dies sind Anzei­chen für ein Phä­no­men, das als zere­bra­ler Nebel bezeich­net wird. Die­ser Begriff bezeich­net eine Reihe von neu­ro­ko­gni­ti­ven Beein­träch­ti­gun­gen, die bei vie­len Pati­en­ten mit dem Long-Covi­dien-Syn­drom oder chro­ni­scher Müdig­keit auf­tre­ten. Petra Stute ist in ihrer Pra­xis immer wie­der Frauen begeg­net, die seit der Meno­pause unter die­sem Gehirn­ne­bel lei­den. Sie ist Chef­ärz­tin für gynä­ko­lo­gi­sche Endo­kri­no­lo­gie und Repro­duk­ti­ons­me­di­zin und lei­tet das Meno­pau­se­zen­trum an der Uni­ver­si­täts­kli­nik für Frau­en­heil­kunde in Bern, Schweiz. Sie erzählt, dass viele Frauen manch­mal, wenn sie einen Raum betre­ten, nicht mehr wis­sen, warum sie dort­hin gekom­men sind. Sie ver­ges­sen Worte, Zah­len, Namen. Eine sol­che Ver­schlech­te­rung der kogni­ti­ven Leis­tungs­fä­hig­keit sei aber nur bei 11 bis 13 Pro­zent der Men­schen objek­tiv mess­bar. Die meis­ten sind geis­tig noch fit, wenn man sie tes­ten würde. Tat­säch­lich schnei­den Frauen vor den Wech­sel­jah­ren bei Gedächt­nis­tests im Durch­schnitt bes­ser ab als Män­ner.

Obwohl diese Rück­gänge manch­mal schwer­wie­gend und behin­dernd sein kön­nen, wer­den sie in der Regel mit der Zeit schwä­cher und ver­schwin­den nach der Meno­pause von selbst. Dies haben Stu­dien gezeigt. Bei Frauen nach den Wech­sel­jah­ren nahm die graue Sub­stanz im All­ge­mei­nen wie­der zu. Außer­dem began­nen die Ner­ven­zel­len wie­der mehr Ener­gie zu pro­du­zie­ren, mög­li­cher­weise mehr aus ande­ren Quel­len als Glu­kose. Gleich­zei­tig ver­bes­serte sich die geis­tige Fit­ness der Frauen.

Warum die Stim­mung schwankt

Aber nicht nur die geis­tige Leis­tungs­fä­hig­keit ist betrof­fen. Auch die Stim­mung lei­det. Und das schon vor den Wech­sel­jah­ren, denn es gibt bereits Pha­sen, in denen sich der Hor­mon­haus­halt ver­än­dert und depres­sive Ver­stim­mun­gen begüns­tigt. Nach einer Schwan­ger­schaft zum Bei­spiel sinkt der Östro­gen­spie­gel rasch ab und man­che Müt­ter ent­wi­ckeln eine Wochen­bett­de­pres­sion. Bei einer Reihe von Frauen, die menstru­ie­ren, füh­ren die zykli­schen Hor­mon­schwan­kun­gen zu Stim­mungs­schwan­kun­gen. Jeden Monat vor der Mens­trua­tion lei­den sie unter Reiz­bar­keit, Angst, Nie­der­ge­schla­gen­heit, Kon­zen­tra­ti­ons­schwä­che und sogar Ver­zweif­lung. Dies wird als „prä­men­struelle dys­pho­ri­sche Stö­rung“ bezeich­net.

In den Wech­sel­jah­ren fin­det eine große hor­mo­nelle Umstel­lung statt. Das Risiko, an einer Depres­sion zu erkran­ken, steigt im Ver­gleich zu frü­her um den Fak­tor 1,5 bis 3. Auch hier wird ver­mu­tet, dass die Sexu­al­hor­mone eine zen­trale Rolle spie­len. Ein nied­ri­ger Östro­gen­spie­gel kann direkt zu einer depres­si­ven Ver­stim­mung füh­ren. Das Hor­mon beein­flusst die Gehirn­che­mie, ins­be­son­dere den Spie­gel des Boten­stoffs Sero­to­nin. Es ver­zö­gert des­sen Wie­der­auf­nahme in die Ner­ven­zel­len nach der Aus­schüt­tung, so dass er län­ger an sei­nem Wirk­ort bleibt. Ähn­lich wir­ken Anti­de­pres­siva aus der Gruppe der Sero­to­nin-Wie­der­auf­nah­me­hem­mer. Auch Östro­gen ver­lang­samt den Abbau von Sero­to­nin, indem es das dafür ver­ant­wort­li­che Enzym hemmt. Wenn also der Östro­gen­spie­gel sinkt, könnte den Ner­ven­zel­len weni­ger Sero­to­nin zur Ver­fü­gung ste­hen — mit ent­spre­chen­den Fol­gen für die Stim­mung.

Dies wirft eine Frage auf: Haben Frauen, die bereits vor den Wech­sel­jah­ren emp­find­lich auf Östro­gen­schwan­kun­gen reagie­ren, ein höhe­res Risiko, an einer peri­me­no­pau­sa­len Depres­sion zu erkran­ken?

Schon jetzt schwie­rige Regeln

Um das her­aus­zu­fin­den, haben die Neu­ro­wis­sen­schaft­le­rin Jen­ni­fer Gor­don und ihre Kol­le­gen von der Uni­ver­si­tät Regina in Kanada 2020 ein Expe­ri­ment mit 101 Frauen in der Peri­me­no­pause durch­ge­führt. Drei Monate lang maßen sie wöchent­lich den Gehalt an Östro­gen­ab­bau­pro­duk­ten im Urin der Frauen. Die Frauen soll­ten auch ange­ben, ob sie in die­ser Zeit depres­sive Sym­ptome wie Trau­rig­keit oder eine nie­der­ge­schla­gene Stim­mung erlebt hat­ten. Diese Befra­gun­gen wur­den neun Monate lang fort­ge­setzt, um fest­zu­stel­len, ob in der Zwi­schen­zeit Beschwer­den auf­ge­tre­ten waren oder sogar eine Depres­sion dia­gnos­ti­ziert wor­den war.

Das Ergeb­nis: Frauen, die bereits vor den Wech­sel­jah­ren auf Schwan­kun­gen des Östro­gen­spie­gels reagier­ten, erleb­ten häu­fi­ger und inten­si­ver Stim­mungs­tiefs. Zu Beginn der Meno­pause schie­nen sie am stärks­ten betrof­fen zu sein.

Es wäre jedoch zu ein­fach zu glau­ben, dass der Östro­gen­man­gel allein schuld ist. Tat­säch­lich fühl­ten sich nur 7 % der Teil­neh­me­rin­nen depres­siv, nach­dem ihr Hor­mon­spie­gel unter den Nor­mal­wert gefal­len war. Bei 12% der Teil­neh­me­rin­nen war es umge­kehrt: Die Beschwer­den tra­ten auf, wenn der Hor­mon­spie­gel über die nor­ma­len Werte anstieg. Und bei 20 % der Teil­neh­me­rin­nen tra­ten die Sym­ptome auf, wenn der Hor­mon­spie­gel extreme Schwan­kun­gen in die eine und dann wie­der in die andere Rich­tung zeigte. Ob es Unter­ty­pen von Wech­sel­jah­res­be­schwer­den gibt, die auf bestimmte Schwan­kun­gen des Hor­mon­spie­gels zurück­zu­füh­ren sind, muss in wei­te­ren Unter­su­chun­gen geklärt wer­den.

Eine wei­tere Frage bleibt offen: Lösen Östro­gen­schwan­kun­gen depres­sive Stö­run­gen indi­rekt aus, indem sie zum Bei­spiel die phy­sio­lo­gi­sche Reak­tion auf Stress aus dem Gleich­ge­wicht brin­gen? Diese Ant­wort basiert auf der Hypo­tha­la­mus-Hypo­phy­sen-Neben­nie­ren­rin­den-Achse, die immer noch als „HPA-Achse“ bezeich­net wird und sich in der Aus­schüt­tung des Hor­mons Cor­ti­sol mani­fes­tiert. Ein 2021 ver­öf­fent­lich­ter Arti­kel fand jedoch keine Ver­än­de­rung die­ser Stres­sachse bei Frauen mit Depres­sio­nen in der Meno­pause. Die­ser Aspekt wird also wei­ter­hin dis­ku­tiert.

Was pas­siert mit dem Schlaf?

Hit­ze­wal­lun­gen wer­den dage­gen eher mit Schlaf­stö­run­gen in Ver­bin­dung gebracht. Ähn­li­ches gilt für Angst­zu­stände: Viele Frauen haben plötz­lich Angst­sym­ptome, die sie vor­her gar nicht kann­ten. Diese wie­derum wer­den begüns­tigt durch Schlaf­stö­run­gen, Hit­ze­wal­lun­gen, ein Absin­ken des Östro­gen­spie­gels, aber auch eines ande­ren Sexu­al­hor­mons, des Pro­ges­te­rons. Wenn der Pro­ges­te­ron­spie­gel sinkt, füh­len sich man­che Frauen inner­lich unru­hig und haben das Gefühl, nur ober­fläch­lich zu schla­fen.

Schlaf­stö­run­gen sind in der Peri­me­no­pause tat­säch­lich häu­fig: 40 bis 60 % der Frauen lei­den in die­ser Zeit zumin­dest zeit­weise dar­un­ter. Diese Stö­run­gen könn­ten auf den Rück­gang der Sexu­al­hor­mone Östro­gen und Pro­ges­te­ron zurück­zu­füh­ren sein. Eini­gen Stu­dien zufolge nimmt die Dauer des Tief­schlafs in den Wech­sel­jah­ren ins­ge­samt zu, was aber nicht unbe­dingt zu einer bes­se­ren Erho­lung führt. Es könnte sogar das Gegen­teil der Fall sein, d.h. die Betrof­fe­nen schla­fen weni­ger und brau­chen mehr Erho­lung, um dies aus­zu­glei­chen.

Das Pro­blem ist, dass das Gehirn wäh­rend der Nacht die neuen Erin­ne­run­gen, die wir wäh­rend des Tages erwor­ben haben, fes­tigt — ein Pro­zess, der zum Teil durch Östro­gen beein­flusst wird. Daher beein­träch­ti­gen sowohl ein nied­ri­ger Östro­gen­spie­gel als auch Schlaf­stö­run­gen die Gedächt­nis­leis­tung. Eine unzu­rei­chende Schlaf­dauer — typi­scher­weise weni­ger als sechs Stun­den pro Nacht — erhöht das Risiko, im Laufe der Jahre an Demenz zu erkran­ken. Die Peri­me­no­pause ist eine Zeit der Anfäl­lig­keit für neu­ro­de­ge­nera­tive Erkran­kun­gen wie die Alz­hei­mer-Krank­heit, da sich das Beta-Amy­loid-Pep­tid, das für die Bil­dung von Amy­loid-Plaques im Gehirn der Betrof­fe­nen ver­ant­wort­lich ist, in die­ser Zeit ver­mehrt im Gehirn ansam­melt.

Pro und Kon­tra Hor­mon­the­ra­pie

Wel­che Mög­lich­kei­ten gibt es also für Frauen, denen die Wech­sel­jahre zu viel wer­den? Einige Sym­ptome las­sen sich mit pflanz­li­chen Prä­pa­ra­ten lin­dern. Extrakte aus der Trau­ben­sil­ber­kerze (als Gra­nu­lat im Han­del) kön­nen zum Bei­spiel gegen Hit­ze­wal­lun­gen hel­fen. Bei depres­si­ven Ver­stim­mun­gen und Panik­at­ta­cken kön­nen Psy­cho­the­ra­pie, Anti­de­pres­siva oder Hyp­nose gute Erfolge brin­gen. Als bis­lang wirk­samste Behand­lungs­stra­te­gie gilt jedoch die Hor­mon­er­satz­the­ra­pie, die in der Regel aus einer Kom­bi­na­tion von Östro­gen und Ges­ta­gen besteht. Sie redu­ziert die Hit­ze­wal­lun­gen und kann auch den Schlaf und die Stim­mung ver­bes­sern. Ein wei­te­rer Vor­teil: Nach meh­re­ren refe­rier­ten Stu­dien soll diese Behand­lung lang­fris­tig das Dia­be­tes­ri­siko sen­ken, vor Kno­chen­brü­chen und Herz-Kreis­lauf-Erkran­kun­gen schüt­zen.

Doch wie bei jedem Medi­ka­ment gibt es auch hier uner­wünschte Neben­wir­kun­gen. Bei einem Teil der Anwen­de­rin­nen kommt es vor­über­ge­hend zu Zyklus­un­re­gel­mä­ßig­kei­ten, Kopf­schmer­zen und Was­ser­ein­la­ge­run­gen. Über einen län­ge­ren Zeit­raum haben Stu­dien gezeigt, dass das Risiko für Blut­ge­rinn­sel, Schlag­an­fälle und Brust­krebs steigt. Seit die­ser Zusam­men­hang 2002 ent­deckt wurde, ist die­ses Risiko laut Petra Stute der Haupt­grund dafür, dass die Hor­mon­er­satz­the­ra­pie heute rela­tiv unbe­liebt ist.

In der Tat haben sol­che Ergeb­nisse viele Pati­en­tin­nen, aber auch Ärzte ver­un­si­chert. Schaut man sich die Daten der Stu­die jedoch genauer an, fal­len zwei kri­ti­sche Punkte auf: Zum einen beob­ach­tet die For­schung den Anstieg erst nach mehr als fünf Jah­ren Hor­mon­the­ra­pie. Zum ande­ren wur­den nur Frauen unter­sucht, die bereits in den Wech­sel­jah­ren waren. Berech­net man den Effekt auf das abso­lute Erkran­kungs­ri­siko, rela­ti­viert sich die Gefahr wei­ter: 14 von 1.000 Frauen zwi­schen 50 und 59 Jah­ren erkrank­ten inner­halb von fünf Jah­ren an Brust­krebs, wenn sie keine Hor­mon­er­satz­the­ra­pie erhiel­ten, aber 17 von 1.000 Frauen, wenn sie eine Hor­mon­er­satz­the­ra­pie erhiel­ten. Das Brust­krebs­ri­siko ist also tat­säch­lich höher, aber nicht so hoch, dass es den Nut­zen der Hor­mon­er­satz­the­ra­pie auf­wiegt. Frauen mit Wech­sel­jah­res­be­schwer­den wird daher wei­ter­hin eine Hor­mon­er­satz­the­ra­pie emp­foh­len, sofern sie damit ein­ver­stan­den sind und über die Risi­ken auf­ge­klärt wur­den.

In jedem Fall wird nach Medi­ka­men­ten gesucht, die die Beschwer­den lin­dern kön­nen, ohne das Brust­krebs­ri­siko zu erhö­hen. Zu die­sen Wirk­stoff­kan­di­da­ten gehört eine Gruppe von Sub­stan­zen, die im Gehirn wir­ken. Man spricht von Phyto-SERMs (oder Phy­to­ös­tro­ge­nen), die pflanz­li­chen Ursprungs sind. Ihre che­mi­sche Struk­tur ähnelt der von Östro­ge­nen, sie kön­nen sich an deren Rezep­to­ren bin­den und deren Funk­tion ver­än­dern. Die Ergeb­nisse zweier ers­ter kli­ni­scher Stu­dien sind viel­ver­spre­chend. Nun soll die Wirk­sam­keit von Phyto-SERM gegen Hit­ze­wal­lun­gen und Schlaf­stö­run­gen getes­tet wer­den. Gleich­zei­tig wird mit bild­ge­ben­den Ver­fah­ren unter­sucht, ob sie den Glu­ko­se­stoff­wech­sel im Gehirn ähn­lich wie Östro­gene sti­mu­lie­ren.

Hirn­wirk­same The­ra­pien

Neben den Phy­to­ös­tro­ge­nen wurde in den USA bereits ein neues Medi­ka­ment namens Fezo­li­netant zuge­las­sen. Es wirkt auf den Hypo­tha­la­mus und lin­dert Hit­ze­wal­lun­gen. Petra Stute hat an meh­re­ren Stu­dien teil­ge­nom­men, in denen seine Wirk­sam­keit unter­sucht wurde. Ob es auch bei depres­si­ven Sym­pto­men oder Schlaf­stö­run­gen hilft, ist zwar nicht ein­deu­tig geklärt, aber es scheint sich ins­ge­samt posi­tiv aus­zu­wir­ken. Um eine end­gül­tige Schluss­fol­ge­rung zie­hen zu kön­nen, müss­ten jedoch grö­ßere Stich­pro­ben getes­tet wer­den.

Es gibt wei­tere viel­ver­spre­chende Sub­stan­zen. Vor allem sol­che, die wie Östro­gen die GABA-Neu­ro­nen im Gehirn sti­mu­lie­ren. Theo­re­tisch könn­ten sie ein wirk­sa­mer The­ra­pie­an­satz sein. Bis­her wur­den diese Sub­stan­zen jedoch nur bei Frauen mit prä­men­struel­ler dys­pho­ri­scher Stö­rung getes­tet.

Bis Alter­na­ti­ven zu den Hor­mon­prä­pa­ra­ten auf den Markt kom­men, kann es noch Jahre dau­ern — bes­ten­falls sol­che, die in kli­ni­schen Stu­dien ihre Wirk­sam­keit nicht nur bei Hit­ze­wal­lun­gen bewie­sen haben. Ich möchte betrof­fene Frauen daher ermu­ti­gen, nicht auf neue Medi­ka­mente zu war­ten. Viel­mehr sollte bei anhal­ten­den Beschwer­den früh­zei­tig Hilfe gesucht wer­den. Wer auf Wech­sel­jah­res­be­schwer­den reagiert, hält sein Gehirn gesund. Petra Stute berät Frauen auch über die Mög­lich­kei­ten, die ihnen zur Ver­fü­gung ste­hen. Sie betont, dass die Ent­schei­dung für oder gegen eine lang­fris­tige Hor­mon­er­satz­the­ra­pie nicht unter Zeit­druck getrof­fen wer­den sollte. Sie ist auch nicht für immer bin­dend. Man kann die Behand­lung einige Monate lang machen und sie dann abbre­chen. In die­sem Bereich schei­nen Anpas­sung und Fle­xi­bi­li­tät die bes­ten Trümpfe zu sein…